Es ist soweit, die Gabel ist am 03. Juni angekommen und hat -bisher- 200km leisten können. Natürlich kann ich da nicht auf Langzeitqualitäten eingehen, aber alles andere kann ich mit meiner BOS Deville Am und der Rock Shox 35 Gold gut vergleichen.
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Vor dem Einbau
Optisch ist die Gabel sehr dezent gehalten und geht wohl eher den aktuellen Trend der schwarzen Standrohre mit. Mir hätte auch was kupfer- oder kashimafarbenes gefallen
Die Verarbeitung selbst ist top, kein Bedienelement hat spiel oder wackelt, wie ich das manchmal von Suntour Gabeln (etwas) kannte. Auch direkt beim Auspacken war das Gewicht subjektiv gut. Ungekürzt mit Achse kam ich dann auf ein Gewicht von 1853g, da kann die RS 35 Gold (2249G) nicht mithalten, jedoch sind die Tauchrohre dort auch 1mm breiter.
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Das hat sich zusammen mit dem Syncros Lenker aus Carbon direkt an der Front bemerkbar gemacht. Sehr fahraktives Feeling, wenn plötzlich mal 500g fehlen.
Einmal eingebaut, gab es mit der Manitou auch keine Sorgen. Die Gabel hat 34er Rohre, ist aber wunderbar steif! Tolle Beigabe: Die Gabel hat ein kleines Stummelschutzblech was perfekt an die nach hinten versetzte Gabelbrücke angepasst ist und mit drei Schrauben befestigt wird. Gabs früher schonmal bei der Suntour Aion..oder hieß das Ding Aioli? Zumindest hatte ich kein Schlamm im Gesicht :p
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Im Vergleich zur RS flext sie ein kleinwenig mehr, jedoch alles auf super Niveau. Kein Vergleich zu meiner BOS, wenn man da bei einer starken Bremsung das Casting anschaut, braucht man echt Nerven...die biegt sich das es eine Freude ist.
Fahreigenschaften
Das wird jetzt schwer zu beschreiben. Nach 200Km Pendeln auf Arbeit und einen vollen Tag Bikepark, getraue ich mir langsam ein Urteil zu fällen.
Aufgrund der vielen Optionen, ist man tatsächlich unglaublich vielseitig. Anfangs habe ich mich nur auf die Luftdrucktabelle fokussiert, Zug- und Druckstufe eingestellt und versucht, sowas wie eine Grundcharakteristik festzustellen. Die Gabel spricht wunderbar feinfühlig an, selbst mit relativ hohen Luftdruck in der 1. Hauptkammer. Kein Vergleich zur RS. Ich bin mit Fragezeichen losgefahren, der Verlauf des Federwegs verlief so linear und gleichmäßig, das hätte auch eine klassiche Hydraulikgabel mit Feder sein können. Leider bin ich mit dem Federweg nicht ganz ausgekommen und hatte später Durchschläge. Ich war schon fast wieder enttäuscht...das war aber zu voreilig. Die Gabel hat zwei Features, die im NAchinein den absoluten AHA-Effekt mit sich bringen.
Eins nennt sich IRT-Infinite Rate Tune: Das ist eine zweite positive Luftkammer, die optional befüllt werden kann. Sie funktioniert in der Auswirkung wie die Rock Shox Tokens. Befüllt man die 2. Kammer mit mehr Druck als die erste Hauptkammer, wirkt dies der Linearität der Verlaufskurve entgegen. Besonders hintenraus bedarf es dann mehr Kraft um das finale Durchschlagen zu erwirken. Außerdem kann man die Hauptkammer mit weniger Luft fahren und so wird die Gabel am Anfang noch etwas sensibler und bietet hintenraus genug Schutz...toll, ganz ohne Öffnen der Gabel! Der weitere Vorteil wäre, dass man nicht über Druck- und Zugstufe die Kennlinie retten muss, wie ich es bei der Rock Shox probierte, sondern nur die tatsächliche Spannung von Ein- und Ausfedergeschwindigkeit einstellen muss.
Das letzte Feature ist ebenso sehr gut...nennt sich MBO: Mechanical Bottom Out
Mit diesem Regler entscheidet man, wie sich die Gabel explizit auf den letzten 3cm Federweg verhalten soll. Kommt man trotz der perfekt eingestellten Luftkammer(n) mit dem Federweg bei starken Drops und Co. nicht ganz aus, kann man in 5 Stufen einstellen, ab wann die letzten 15% Federweg freigegeben werden. Hat mir im Bikepark zu sehr guten Ergebnissen verholfen. Nach dem harten Ritt kann man diese Option auch einfach wieder zurückstellen. Somit bin ich der Meinung, meine perfekte Kennlinie gefunden zu haben, die passend mit den Einstellungen vom Hinterbau harmonieren kann, wenn man sich die Zeit zum Einstellen nimmt.
Gratis dazu gibt es außerdem Federweg Spacer, so kann man nach optional die Gabel auf bis zu 140mm runterregeln.
Das hat natürlich auch sein Contra...
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Drei Einstelloptionen allein rechts oben, Rebound unten rechts. Das Linke Rohr besitzt Unten und Oben die beiden Luftkammern mit jeweils ein Ventil. Da ist nichts mit schnell mal umstellen, wenn man sich monatelang damit nicht befasst hat. Also am Besten gleich die Herstellertabellen oder das eigene Setting auf dem Handy speichern. Außerdem sind die Regler recht schwergängig...ich kann mir schon Vorstellen wie man an einen kalten verregneten Herbsttag mit durchgefrorenen Händen samt Handschuh dasteht, und versucht nicht alle Rädchen auf einmal zu drehen
Außerdem gibt es keinen schnellen "Lockout", ist für mich aber nicht wichtig...eher was für schnelle XC-Bikes, da hat die Gabel sowieso nichts zu suchen.
Ergo: Hat man einen unbeliebten nervigen Mitfahrer mit E-Bike im Bekanntenkreis, welcher die ganze Zeit von seiner Federgabel quatscht und besitzt dieser eine Manitou Mattoc Pro, so geht man auf gemeinsamer Tour während der Pinkelpause einfach an seine Gabel und versaut ihm das Setting ![Zwinker ;)](https://www.alfa-romeo-portal.com/images/smilies/smiley70.gif)
Zusammengefasst:
PRO
+Hammer Preis für diese Performance und Gewicht
+sehr vielseitig...egal ob linearer Staubsauger oder agressives Setting
+kein Buchsenspiel wie bei meiner BOS
+zusätzlicher Lieferumfang mit Schutzblech und Spacer
Contra
-Bis die richtigen Einstellungen gefunden sind, braucht man einiges an Zeit und die passende Strecke
-Viele Einstellungen macht es für Anfänger schwierig, besonders wenn man nur Aufgrund des Preises kauft
-Einstellrädchen etwas zu schwergängig für meinen Geschmack
Also insgesamt ein tolles Teil fürs Geld. Was die Langzeitqualität mit sich bringt steht in den Sternen. Auch wie einfach der Service sich selbst machen lässt, muss sich zeigen. Wer aber was brauchbares im Angebot findet, kann mit dieser Gabel wenig falsch machen. Abseits von den üblichen Fox 34/36 und RS Pikes mit 700€+ eine willkommene Abwechslung!